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8. Havelländisches Künstlersymposium widmet sich der heimischen Sagenwelt

Anette Mertens mit einer Arbeit von Jugendlichen, die durch die Sage vom Havelfischer als Fährmann inspiriert wurde. Außerdem zeigt sie das Buch von Erika Guthjahr, in dem die Sage zu finden ist. Darunter ist das Feuerpferd zu sehen, das Detlef Frenkel malte und Eugen Glieges Illustration der Sage vom Markgrafenberg bei Rathenow.  ©  Wernitz

Ab Montag: 8. Havelländisches Künstlersymposium widmet sich der heimischen Sagenwelt

RATHENOW.  Nein, Markgrafenberg und China liegen zu weit auseinander! Das Feuerpferd des dortigen Horoskops und das laut Sage feuerspeiende Ross vom Hügel zwischen Rathenow und Bamme können nichts miteinander zu tun haben. Während im Westhavelland weiter gerätselt werden darf, worin der wahre Kern der Sage bestehen könnte, lässt sich das Feuerpferdmotiv im fernen Osten genau erklären. Obwohl es schon mehr als 1.500 Jahre alt ist. Alle 60 Jahre markiert es ein vermeintliches Jahr der Umbrüche, was vorab den abergläubigen Menschen in Fernost Furcht einflößt. Im Jahr des Feuerpferds geborene Frauen gelten dort keineswegs als Glücksbringer. Ganz im Gegenteil! Dieses Ross galoppierte zuletzt 1966 durch die Köpfe.

In jenem Jahr wurde Künstlerin Anette Mertens in Rathenow geboren. Trotz der Feuerpferd–Geschichte hat sie China für sich entdeckt, ist sogar studierte Expertin und Vorsitzende des Teehausgalerie Potsdam e.V., der sich um den Kulturaustausch zwischen China und Deutschland verdient macht. In Rathenow ist sie zudem Kopf des Karl– Mertens–Kunstvereins. Wohl wissend, dass auch 1966 geborene Frauen kreativ und umtriebig sein können, malte ihr Vereinskollege Detlef Frenkel zum Geburtstag im Mai ein Feuerpferd, das jetzt bei Anette Mertens in der Semliner Straße 225 hängt.

Dort beginnt am morgigen Montag um 10.00 Uhr das 8. Havelländische Künstlersymposium. Die Gastgeberin erwartet zahlreiche Künstler sowie Geschichtsfreunde und Kenner der heimischen Sagenwelt. Darunter ist der Semliner Eugen Gliege, der schon zahlreiche Sagensammlungen in Buchform heraus gegeben hat. Davon erzählt er um 10.15 Uhr. Auch der Milower Peter Wittstock, dessen Gegenüberstellungen einstiger und aktueller Fotos jeden Sonntag in BRAWO zu sehen sind, ist mit einem Vortrag vertreten, der um 11.45 Uhr beginnt. Zwischen beiden, um 11.00 Uhr, berichtet die Semlinerin Heike Brett über die frühere Ziegelherstellung im Havelland.

Um 12.30 Uhr stellen sich jene Künstler vor, die am Symposium teilnehmen und bis Freitag. gemeinsam arbeiten wollen. Ans Werk geht es täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr. Neugierige Gäste sind jederzeit willkommen, natürlich auch Kinder und Jugendliche. Die Künstler widmen sich dem Thema „Entdecken – Weitergeben – Bewahren“ der regionalen Sagenwelt.

Im Gegensatz zu China, wo es durch die Kulturrevolution in der Mitte des 20. Jahrhunderts einen Riss gab, waren Sitten, Gebräuche, Kultur und Glaubenswelt der Havelländer zahlreichen Umbrüchen unterworfen. Vieles von dem, was die Menschen früherer Jahrhunderte bewegte und wie sie tickten, lässt sich heute kaum noch ergründen. Vor allem stellen die zahlreichen Sagen und Legenden wie die vom Markgrafenberg ein Rätsel dar. Welche Botschaften mögen sich in den von Generation zu Generation weiter gegebenen Geschichten verbergen?

Anette Mertens glaubt, dass Kunst einen außergewöhnlichen Beitrag zur Lösung bzw. Interpretation liefen kann. Denn durch die Kunst werden Sagen auf eine intuitive Ebene gehoben. Wie Kirchen, Denkmale oder Landschaften strahlen Legenden Stimmungen aus, die Künstler aufnehmen und reflektieren. Anette Mertens freut sich darauf, in der öffentlichen Ausstellung am Freitag um 19.00 Uhr zu zeigen, welche Dinge es sind, die die Teilnehmer des Symposiums für sich entdeckten und in der Folge auf ihre Art bewahren und weiter geben wollen.

Einen ähnlichen Ansatz hatte 2011/2012 das kommunale Projekt „Spurensuche“. Seinerzeit erarbeiteten Schüler des Jahngymnasiums, der Bürgelund der Duncker–Schule Modelle von Sagengestalten des Havellands. Dabei kooperierten die Initiatoren mit Anette Mertens. Eine Arbeit, die durch die Sage „Der Havelfischer als Fährmann“ inspiriert wurde, steht noch in der Galerie in der Semliner Straße 225. Die Sage entsprang einem Büchlein, das Erika Guthjahr (1916–2005) vor mehr als 20 Jahren heraus gebracht hatte.

Ganz privat bevorzugt Anette Mertens ein Buch von 1965, in dem zahlreiche märkische Sagen noch ausführlicher erzählt werden. Als Kind habe sie die Geschichte von den Edelleuten fasziniert, die vom Teufel in einen Sack gesteckt wurden. Als er über eine Stadt flog, streifte sein prall gefüllter Sack eine Kirchturmspitze, der Sack riss, und heraus fiel der älteste der Bredow–Brüder. In Anbetracht der wieder errungenen Freiheit soll er „Friesack“ ausgerufen haben. Da die Bredows als erste eingesammelt und demnach ganz unten im Sack lagen, rutschte einer nach dem anderen durch die Öffnung, während der Teufel weiter flog. Pessin, Landin, Selbelang, Retzow, Bredow und Wagenitz finden dadurch im Buch Erwähnung.

Es wird auch durchaus interessant werden, wie Chinesen die havelländischen Sagen reflektieren werden. Anette Mertens erwartet auch Kunst–Professoren, die an den Universitäten in Hangzhou und Guanzhou tätig sind. Vielleicht werden sie darüber staunen, dass es auch am anderen Ende der Welt ein Pferd gibt, das mit Feuer in Verbindung gebracht wird.

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